Törnberichte

Neuseeland III - the End

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Hallo liebe Samuri-Blog-Leser

Dies ist der letzte aktive Eintrag während unserer 5-jährigen Segelreise.
Leider verbrachte ich die letzten 6 Monate ohne Evelyne an Bord, doch über Weihnachten und Neujahr besuchten mich Antoinette & Nicola und mit ihnen zusammen verbrachte ich drei schöne und abwechslungsreiche Wochen.

Danach war mein Fokus ganz auf den Verkauf unserer Samuri und deren technische und optische Aufbereitung gerichtet.
Der Aufwand hat sich gelohnt, denn ich konnte die Yacht zu unserer vollen Zufriedenheit an neue Eigner aus Vancouver, Kanada verkaufen. Zufrieden bin ich nicht nur mit dem erzielten Erlös, sondern auch darüber, dass Margaret & John offene, symphatische und fröhliche Leute sind die zu Samuri passen. Sie werden die Yacht nicht nur irgendwo parkieren, sondern sie in ähnlicher Weise wie wir es taten zum Leben und Reisen auf Kielen benutzen.

Verzeit mir, dass ich nicht viel mehr schreibe. Ich bin schlicht nicht in der Stimmung dazu und erlebe gerade ein Wechselbad von Gefühlen.
Ich werde die Yacht nach gründlicher Einführung der neuen Eigner in die Technik und das Handling in einigen Tagen verlassen. Wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt, wird dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge geschehen.

Begnügt euch bitte für den Moment mit den Bildern der letzten Monate.
Wenn sich die Emotionen und Wogen wieder geglättet haben werde ich versuchen, einen Rückblick über unsere grossartige Reise zu verfassen.

Herzliche Grüsse und bis bald back home in Switzerland,
Christian

    Neukaledonien

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    Ein herzliches "Grüezi" aus dem frühsommerlichen Neuseeland!

    Ich nehme es gleich vorneweg und entschuldige mich, dass ihr den sonst an dieser Stelle vorzufindenden Reisebericht eben nicht vorfinden werdet.

    Ich schiebe diese Aufgabe seit Wochen fruchtlos vor mir her, auch weil ich anderen Dingen Priorität geben musste oder wollte.
    Unter anderem steht jetzt konkret der Verkauf unseres Schiffes an, was logischerweise mit einiger Arbeit verbunden ist. Verkaufs-Devi erstellen, Inserate platzieren, Yacht reinigen, Mängel beheben und glücklicherweise bereits intensive Korrespondenz mit Interessenten (alle aus USA - welche Samuri jedoch gerne vor Ort hätten), halten mich fast täglich auf Trab.

    Morgen erwarte ich die Ankunft meines Stiefsohnes Nicola mit Partnerin Antoinette, welche mit mir die nächsten 3 Wochen zu Land und zu Wasser einen Teil von Neuseeland bereisen werden.
    Ich freue mich sehr auf diesen "kleinen" Familienbesuch und werde die kommende Zeit lieber mit meiner Jungmannschaft verbringen, als mich mit Satzbildungen herum zu schlagen.

    Und da der Reiseabschnitt "Neukaledonien" im Oktober/November 2014 stattfand, will ich den Pseudo-Blog auch noch im alten Jahr erscheinen lassen und das Kapitel somit abschliessen.

    Ich hätte auch gar nicht so viel Spannendes oder Informatives über Neukaledonien zu berichten, da ich wenig unternahm. Nouméa und sein Hafen hielten mich über drei Wochen lang gefangen. Dies, weil ich einen vorzüglich einsichtbaren Liegeplatz hatte und mir diese gute Schiffs-Verkaufsgelegenheit nicht entgehen lassen wollte. Leider wurde daraus jedoch (noch) nichts.

    Neukaledonien hat mir durchaus gefallen und ist mit Sicherheit einen Besuch wert. Es gäbe viel zu entdecken mit den hunderten von Buchten rund um Grande Terre und den vorgelagerten Loyalitätsinseln, mehr Zeitinvestition vorausgesetzt.

    Ich machte von Norden kommend einen ersten Stop auf der Insel Lifou. William, ein ehemaliger französischer Hotelmanager und ebenfalls Segler, den ich auf Samoa kennengelernt hatte, führte mich durch einen Teil der Insel und zeigte mir deren Schönheiten.
    Hier besteht die Mehrheit aus der Urbevölkerung, Melanesier oder Kanak genannt. Brauchtum und der Einfluss der Häuptlinge ist auf der Insel noch grösser als auf Grande Terre und es wird nebst der Amtssprache Französisch vorzugsweise die Umgangssprache "Drehu" gesprochen.

    Die Region um Nouméa ist der wirtschaftliche Drehpunkt und am bevölkerungsreichsten.
    Von 1946 bis 2003 war Neukaledonien Französisches Übersee-Territorium. Seither ist die Inselgruppe eine zu Frankreich gehörige Überseegemeinschaft mit besonderem Status.
    Eine große Bevölkerungsgruppe (über 34%), stellen die Nachfahren der ersten Siedler aus Frankreich, die Caldoches, zusammen mit den Métropolitains, den französischen Neueinwanderern.
    Sie beeinflussten massgeblich den Baustil, die Lebensweise, Kultur und Organisation von Neukaledonien. Ich fühlte mich in Nouméa nicht im Südpazifik, sondern irgendwo in eine Stadt an die französische Riviera versetzt.
    Aber ehrliche gesagt schätzte ich den Kontrast nach Vanuatu mit der europäischen Organisation, der Sauberkeit und den mit sämtlichen französischen Leckereien bestückten Supermärkten sehr (beispielsweise petit déjeuner avec croissant, mhhh).

    Neukaledonien hat eine reizvolle Landschaft, die mancherorts jedoch jäh durch eine aufgebrochene rostrote Oberfläche gestört wird. Hier wird im Tagbau der in grossen Mengen vorhandene Nickel gewonnen.
    Neukaledonien ist der weltweit drittgrösste Nickellieferant. Die Vorkommen und Verarbeitungsanlagen sind mehrheitlich in der Hand der weissen Caldoches, was verständlicherweise unter den Kanak Missfallen hervorrufen kann.
    Die Eingriffe in die Ökosysteme der Insel sind teils erheblich.

    C'est ca. Ich hoffe, die Bilder kompensieren ein wenig die fehlende schriftliche Information.

    Heute ist der dritte Advent, von dem man in Neuseeland jedoch nicht viel spürt.
    Weihnachtsstimmung nach europäischen Vorstellungen will nicht so recht aufkommen. Doch gut gemeint und nach Kiwi-Verständnis sicher sehr weihnachtlich, stehen da und dort prall geschmückte künstliche Tannenbäume in den Läden und auf öffentlichen Plätzen. Christmas time is summer time auf der Südhalbkugel.

    Merry Christmas and a happy new year to you all!

    Christian

      Vanuatu

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      "Gudmoning", das ist die übliche Begrüssung in Vanuatu auf Bislama. Bislama ist eine in der britisch-französischen Kolonialzeit entstandene Kreolsprache. Man spricht alles genau so aus wie man es liest, was anfänglich ungewohnt aber manchmal sehr amüsant ist.  Hier ein paar Beispiele:

      plis (please)
      tangkyu tumas (thank you very much)
      hamas? (how much?)
      ovasi (over sea)
      lukim yu bagkegen (looking you back again)
      und natürlich "nambawan" (number one), das ist einerseits eine lokale Biermarke und andererseits bekommen wir das immer als Antwort, wenn unser Gesprächspartner etwas gut oder in Ordnung findet. "Do you like Vanuatu?" - "nambawan!"

      Desweitern kann man sich gut in Englisch oder Französisch verständigen, denn eine dieser beiden Sprachen wird in den Schulen vermittelt. Das kommt noch aus der Kolonialzeit, als die Briten und Franzosen als Kondominium das damals "Neue Hebriden" genannte Land verwalteten. Seit 1980 in Vanuatu mit seinen 243'000 Einwohnern ein souveräner Staat.
      Als dritte Sprache sprechen die Einwohner eine der über 108 verschiedenen lokalen Sprachen, die über die 83 Inseln des Archipels verteilt sind. Unglaublich! Nambawan!

      Laut einer britischen Studie sind die Bewohner Vanuatus die glücklichsten der Welt.
      Persönlich hatten wir tatsächlich den Eindruck, dass insbesondere die traditionell lebendenden Ni-Vanuatuaner zufrieden und happy sind. Die Menschen sind zu 98,5% Melanesier, die sich durch dunkle Haut, krause Haare und etwas strengere Gesichtszüge auszeichnen.

      Hoppla, jetzt habe ich euch vermutlich schon zu viel mit Fakten und Daten versorgt, die ja eher langweilig zu lesen sind und die man sowieso wieder vergisst.

      Ich stehe vor der schwierigen Aufgabe, neu auch als Schreiberling zu bestehen. Ich werde jedoch gar nicht versuchen, den beschwingten und flüssig lesbaren Stil meiner lieben Evelyne zu kopieren, da würde ich kläglich scheitern.

      Bilder sagen mehr als Worte! Diesen Spruch setze ich der Einfachheit halber um und fasse mich nun wirklich kurz. Ich verweise an dieser Stelle auf die Tagesberichte, die ihr ja bei Interesse immer noch durch Anklicken des Samuri-Logos unter "Standort" nachlesen könnt.

      Vanuatu hat bei mir tiefe Eindrücke hinterlassen.
      Unter allen von uns besuchten Ländern ist es dasjenige mit der noch am ursprünglichst lebenden Bevölkerung. Der grösste Teil der Ni-Vanuatu lebt auch heute noch ganz bewusst traditionell und sehr einfach wie ihre Vorfahren seit hunderten von Jahren. Trotzdem begegnen sie uns Weissen in einer freundlich-interessierten Art und zeigen uns gerne und selbstbewusst ihre Lebensart, ihre Behausungen und je nach Saison ihre unterschiedlichen Rituale.
      Moderne Annehmlichkeiten wie Strom von einem Generator, motorisierte Boote, fliessend Wasser ins Haus und moderne Nutzungsgegenstände oder Werkzeuge werden wirklich nur sehr selten oder in beschränktem Masse angewendet. Ich habe auch den Eindruck, dass die Leute ganz bewusst den modernen und vielfach unnötigen Schnickschnack ablehnen und die naturbezogene Lebensweise vorziehen.
      Selbstverständlich wurden kleine Geschenke in Form von sinnvollen Produkten wie Fischerutensilien, Seife, Kleider, Reis oder Zucker gerne angenommen respektive gegen Früchte und Gemüse eingetauscht.

      Leider waren wir zur falschen Zeit am falschen Ort, um an einem der rituellen Zeremonien teilnehmen zu können. Dazu gehören Tanzveranstaltungen, welche auf verschiedenen Inseln stattfinden oder das Land-Diving auf Pentecost, bei dem sich mutige Männer mit Lianen um die Fussgelenke gewickelt von bis zu 30m hohen selbst gebauten Türmen herunterstürzen. Das ist Bungy-jumping für wirklich Hartgesottene.
      Von all diesen sehr urtümlichen, kraftvollen und hochexotisch anmutenden Bräuchen und Ritualen haben wir Überbleibsel und Bilder gesehen oder Beschreibungen erhalten, die uns in etwa erahnen lassen, wie eindrucksvoll diese Darbietungen sein müssen.

      Ein weiterer Grund, warum sich ein Besuch von Vanuatu lohnt, sind die vielen aktiven Vulkane. Einige davon kann man als gewöhnlicher Tourist besteigen und das Geschehen im Krater aus so unmittelbarer Nähe erleben, wie es wohl weltweit einzigartig ist. Nach europäischen Sicherheitsstandards wäre es undenkbar, als Besucher ungesichert so nahe an einen Kraterrand zu gehen. Doch dieses Risiko bin ich gerne eingegangen, denn es ermöglichte mir, Kraft, Energie und Erdmaterie in einer mir bisher unbekannten Dimension zu sehen, zu hören und zu fühlen.    

      Eines ist sicher, die 7 Wochen in Vanuatu waren zu kurz, um richtig tief in diese einzigartige Kultur einzutauchen. Die sehr abgelegenen nördlichen Banks- und Torresinseln konnten wir aus Zeitgründen nicht einmal besuchen.

      Noch vor 2 Monaten wünschte ich mir nichts mehr, als nächste Saison nochmals in so spannenden und vielseitigen Ländern wie Fiji und Vanuatu herum zu cruisen. Unbesuchte Orte gäbe es jedenfalls noch zu Hauf.

      Seit mehr als 4 Wochen bin ich ohne Evelyne als sogenannter "Einhandsegler" unterwegs. Klar gewöhnte ich mich bereits ein wenig an diese neue Lebensart, doch ich muss mir eingestehen, dass vertraute Zweisamkeit und geteilte Freuden mehr meinem Naturelle entsprechen und Partnerschaft so einem Langfahrtsegel-Projekt die wahre Süsse verleiht.
      Darum gebe ich jetzt meine volle Kraft in den Verkauf unserer Yacht Samuri und hoffe, dass ich in den kommenden 6 Monaten in Neuseeland einen passenden Nachfolger und Käufer finde.

      Zuerst stehen aber noch ein paar Wochen in Neukaledonien in französischem Ambiente an.

      À bientôt!
      Christian

       

       

       

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        Fiji II

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        Bula!
        Mit diesem aufgestellten Grusswort und einem kräftigen Händedruck werden wir von den Behörden im Hafen von Savusavu begrüsst, als wir nach der dreitägigen Überfahrt von Tonga hier einlaufen. Ein paar von den Zollbeamten erinnern sich an uns und sind hoch erfreut, dass wir ihr Land zum zweiten mal besuchen. So macht es nur klicks hier und klacks da und die nötigen Stempel der Einklarierung sitzen innert weniger Minuten auf unseren Papieren.

        Wir wollen uns dieses Jahr den ursprünglichen Inseln von Fiji widmen, einem Highlight für Fahrtensegler. Früher konnte nur eine Handvoll betuchter Segler, die sich für teures Geld eine Erlaubnis erkaufte, in die sogenannte Lau-Gruppe reisen. Vor drei Jahren wurde dieses Reglement aufgehoben und seit dieser Zeit steht diese Inselwelt allen offen. Es sind kleine Inseln, durch Riffe geschützt, dazwischen aber liegt immer der offene Ozean. Es leben nur wenige Menschen auf diesen Eilanden, traditionell wie ihre Vorfahren. Sie tragen sehr Sorge um Mutter Natur, ernähren sich ausschliesslich von ihr und sind sehr darauf bedacht, das noch intakte Ökosystem zu wahren.

        Lass mich aber vorab berichten, was wir auf dem Weg in die Laugruppe erlebt haben.
        Letztes Jahr hat es leider in Savusavu viel geregnet und wir unternahmen kaum etwas. So wollen wir heuer einen Augenschein von der zweitgrössten Fiji-Insel nehmen. Mit einem Mietauto befahren wir die 75km lange Transinsular Road bis nach Labasa, der Hauptstadt von Vanua Levu. Sie führt durch das gebirgige Inselinnere mit seinen abwechslungsreichen Landschaften. Immer wieder überholen wir breit mit Zuckerrohr beladene Lastwagen, die ihre schwere Fracht mit rauchendem Motor über die Hügel schleppen. Ihr Ziel ist die Labasa Zuckermühle, die bereits seit 1894 das in der Umgebung angebaute Zuckerrohr verarbeitet und natürlich ein begehrter Arbeitgeber ist für die rund 24'000 Einwohner der Stadt.
        Auf dem riesigen Früchte-, Gemüse- und Fischmarkt wird sehr deutlich, dass der überwiegende Teil der Bewohner von Labasa indischer Abstammung ist. Gerne decken wir uns mit Gemüsesorten ein, die wir am einfacheren Markt in Savusavu nicht entdeckt haben. Vom Fisch lassen wir gerne die Finger.
        Fürs Mittagessen finden wir endlich ein relativ neu eröffnetes indisches Restaurant und sind ganz glücklich mit dieser Wahl. Andere Lokale sehen nicht unbedingt einladend aus.

        Samuri ist geputzt, die Wäsche gewaschen und Frischwaren sind aufgebunkert. Christian hat ein günstiges Wetterfenster in Sicht. Wir machen uns auf in die Viani Bay. Dort soll ein gewisser Jack die Segler empfangen und sie zu wunderschönen Schnorchelplätzen führen. Diese wollen wir uns nicht entgehen lassen. Und ehe es uns lieb ist, wird Samuri zum Transportschiff bestimmt, andere Segler steigen zu uns an Bord, Jack setzt sich ans Ruder und steuert Samuri Richtung Riff. Jack ist ein etwa 70-jähriger urchiger Typ britisch/fijianischer Abstammung. Er kennt wirklich jede Koralle. Er sagt uns beim Riff auf den Meter genau, wo wir den Anker setzen müssen und wo es die berühmten Kohlköpfe zu entdecken gibt. Diese zwei bis vier Meter breiten Flachkorallen sind einzigartig und sehen wirklich aus wie ein Kohl, dessen Blätter sich zum Teil geöffnet haben. Bei diesem Schnorchelgang erleben wir zum ersten Mal, wie schnell sich ein Strom entwickeln kann, der uns abtreibt. Christian muss eine junge Frau mit dem Dinghi retten gehen. Sie hat die Kraft nicht mehr gehabt, zu Samuri zurück zu schwimmen.

        In der Bucht gibt es am Abend ein unerwartetes Wiedersehen mit unseren lieben Freunden Iris und Alex von der SY Alaeris, Über ein Jahr haben sich unsere Wege nicht gekreuzt. Lisa und Larry mit ihrem Sohn Ben von der SY Lisa Key, die wir in Neuseeland kennen gelernt haben, liegen auch vor Anker. Klar doch, dass der Apéro an diesem Abend länger ausfällt als üblich. Und der fantastische Tauchgang anderntags fällt mit dieser aufgestellten Gemeinschaft umso unvergesslicher aus. 

        Weiter geht es in Richtung Lau-Gruppe. Uns Reisenden wird ans Herz gelegt, dass wir die Traditionen der Einheimischen respektieren und uns den Regeln anpassen sollen. Es ist zum Beispiel ein absolutes Muss, nachdem der Anker in einer Bucht gesetzt ist, sich beim Dorfoberhaupt anzumelden und ein Bündel Yangona zu überreichen. Erst wenn der Chef dieses Wurzelbündel akzeptiert hat, sind wir im Kreise der Inselbewohner aufgenommen, dürfen uns im Dorf und auf der Insel umsehen und in der Bucht schnorcheln gehen.
        Es gibt keine Läden und keine Esswaren zu kaufen. Die Einheimischen sind sich nicht gewohnt, zum Beispiel Früchte zu verkaufen, die sie normalerweise untereinander teilen. Wir Fremden sind also aufgefordert, Dinge zu tauschen, anstatt mit Geld zu begleichen. Wir haben uns für diesen Handel in der Hauptstadt mit Reis, Zucker, Mehl, Tee, Crackers und Corned Beef eingedeckt. Und wir haben eh noch einige Kleider und diverse Kleinigkeiten aus unserem Haushalt, die wir verschenken können.

        Das Dorf Daliconi in Vanua Balavu ist unser erstes Ziel. Freundlich werden wir empfangen, das Yangonabündel wird vom Dorfchef dankend entgegengenommen. Roselyne führt uns zu einer Gruppe Frauen, die ihrer täglichen Beschäftigung nachgeht. Sie weben aus Pandanusfasern gemeinsam an einer Bodenmatte, die für eine Dorfbewohnerin bestimmt ist. Ich bin glücklich, dass ich dieses Handwerk ausprobieren darf. Gerne hätte ich den ganzen Tag in dieser Frauengemeinschaft verbracht. Aber ob ich es ein Leben lang täglich machen möchte?...
        Eine andere Frau aus der Arbeitsgruppe führt uns zu ihrem Haus und beschenkt uns spontan mit einem ganzen Sack voll Auberginen. Wie froh sind wir um die Geschenke, die wir immer griffbereit in unserem Rucksack mitführen. Und so ist der erste Handel glücklich vollbracht.

        Die nächsten drei Tage verbringen wir in völliger Einsamkeit inmitten von grünbewachsenen Felsen, die zum Teil sehr klein sind und wie Pilze aus dem Wasser ragen. Die Landschaft erinnert uns an Thailand. Den ganzen Tag über hören wir verschiedene Vögel zwitschern, zwischendurch gurrt die Taube oder hunderte von Flughunden streiten sich. Wir wollen das Gespräch der Natur nicht unterbrechen und so rudere ich meinen Prinzen mit dem Dinghi zwischen den Felsen hindurch in die abgelegensten Ecken dieses schönen Flecken Erde. Wir entdecken ein paar Korallenstöcke und einen kleinen Hai. Wir bestaunen die Kalksteinformationen, die messerscharfe Ecken und Kanten bilden. Und wir sind einfach glücklich, hier zu sein.

        In Susui werden wir ein weiteres mal von der unglaublichen Gastfreundschaft der Menschen überwältigt.
        Der Anker sitzt, wir sind unterwegs an Land. Im Rucksack mit dabei haben wir unser Gastgeschenk für das Dorfoberhaupt, die Yangona. Jacob kommt uns entgegen. Er wurde von der Dorfgemeinde ausgewählt, die ankommenden Segler zu begrüssen. Wir sind in diesem Jahr erst die sechste Yacht, die hier zu Besuch kommt. Jacob bittet uns, auf der geflochtenen Matte im Schatten eines riesigen Mangobaumes Platz zu nehmen. Sohn Leslie schickt er, den Chef des Dorfes zu holen. Und wir warten und warten und stellen nochmals ein paar Fragen über das Dorf, über die Bewohner oder über vergangene Besucher. Das Oberhaupt lässt sich Zeit. Nach einer guten Stunde Wartezeit gestattet uns Jacob, gegen Sonnenuntergang nochmals zu kommen, was wir dann gerne machen. Beim sogenannten Sevusevu bekommen wir eine kleine Dokumentation zu lesen, in welcher beschrieben wird, dass Spenden erwünscht sind und vor allem für Investitionen in die Schule verwendet werden. Gerne leisten wir unseren Beitrag.

        Es ist Sonntag. Die Dorfgemeinde erwartet uns zum Kirchgang. Zum anschliessenden gemeinsamen Mittagessen sind wir wie selbstverständlich eingeladen. Im Gegenzug bereite ich einen Kuchen vor und verpacke für jede der fünf am Kochen beteiligten Familien eine Tüte Mehl, Zucker, Reis und Schwarztee vor.
        Einen Festschmaus von dieser Reichhaltigkeit haben wir noch nie gesehen. Die riesige Tafel ist am Boden gedeckt für über 20 Leute. In der Zwischenzeit ist nämlich noch eine dänische Yacht mit zwei Familien an Bord in die Bucht eingelaufen. Und auch diese acht Personen sind mit dabei.
        Die vielen Kinder des Dorfes sind begeistert von den grossen Zeichnungsblättern und den Ölkreiden, die ich ihnen mitgebracht habe. Unerwartet werde ich mit über zehn bunten Kinderzeichnungen reich beschenkt.

        Die Familie von Jacob möchte zu uns an Bord kommen. Sie waren noch nie auf einem Katamaran. Natürlich laden wir sie gerne ein. Mit grossem Interesse schauen sie sich Samuri an. Wir sitzen im Cockpit und schwatzen. Plötzlich platscht es draussen. Ein Fisch springt in vollem Schwung in unser Dinghi, das im Wasser schwimmt. Jacob rettet den Fisch und wirft ihn zurück ins Wasser, was uns sehr erstaunt. Er erklärt uns, dass es nicht erlaubt ist, in der Lagune zu fischen. Er hält sich somit ganz strikt an die Regel.

        Immer am Montag- und Freitagmorgen wird vor der Schule die Fahne gehisst und die Landeshymne gesungen. Da es Montag ist, sind wir natürlich dabei und beobachten die militärische Parade der kleinen Schulkinder. Was ich eher als beängstigend einstufe, beurteilt Christian als gute Übung für Ordnung und Disziplin. 
        In der Schulstube wird zuerst aus der Bibel gelesen, danach beginnt der eigentliche Unterricht. Jacobs Frau Bale ist zur Zeit die stellvertretende Lehrerin. Die dänischen Familien sind auch anwesend und stellen den Schülern kurz ihr Land vor. Ob es den Kindern wohl möglich ist, von unserer Lebensweise nur eine kleine Vorstellung zu bekommen?

        Die "Schnauserei" hört nicht auf. Bale meint, ein paar Frauen des Dorfes würden uns gerne erneut bekochen und eine ganz besondere Tafel vorbereiten. Ebenso gerne stimmen wir zu.
        Nach der Schule führt uns Jacob in unserem Dinghi in die Hidden Lagoon. Wir sehen eine Frau und einen Mann beim Austern suchen. Das erste Geheimnis ist gelüftet. Dieses Schalentier wird morgen Abend auf dem Speisezettel stehen.
        Das Essen ansonsten präsentiert sich ähnlich wie am Sonntag nach der Kirche. Andere Zutaten gibt es einfach nicht hier. Doch das ist so egal. Die Herzlichkeit und die Freude, mit welcher alles zubereitet wird, zählen hundert Mal mehr. Den absoluten Höhepunkt des Abends sind die zwei älteren Frauen, die uns auf engstem Raum eine kleine Tanz- und Gesangsvorführung präsentieren.
        Dann folgt eine Kavazeremonie. Die ganze Menschenrunde sitzt im Kreis am Boden. Ein Mann schöpft das Getränk mit einer Kokosnussschale aus dem grossen Holzgefäss und reicht den Becher einer Person nach der anderen. Ist das Becken leer, wird neue Kava angemacht. Und so gehen die Runden weiter. Auf einigen Inseln trinken ausschliesslich die Männer Kava, doch wir Touristinnen dürfen natürlich kosten. Eine Kostprobe reicht mir dann auch, denn die Brühe schmeckt nicht unbedingt delikat.

        Freundschaften und Wege trennen sich. Es ist Zeit für uns, Susui nach einer Woche zu verlassen. Bei unserem Abschied kommt Leslie angerannt. Er hat für mich seltene Muscheln gesammelt, die er mir verkaufen möchte. Er ist jetzt in der sechsten Klasse und braucht für die Oberstufe auf der benachbarten Insel eine neue Schuluniform. Diese kostet umgerechnet 25 Franken. Der Deal ist selbstverständlich gemacht.
        Alle Schulkinder kommen aus dem Unterricht und rufen und winken uns Adieu!

        Schön, dass es immer wieder neue Bekanntschaften gibt. Schon in Savusavu lernen wir Christine und Ronald von der SY Gipsy aus Österreich kennen. Wir treffen sie erneut bei unserem zweiten Halt in der Bay of Island. Wieder tauschen wir mit ihnen gerne unsere Erlebnisse und Erfahrungen aus.
        Starkwind ist angesagt. Wir verlegen uns in eine sehr geschützte Bucht nach Qamea. Noch während des Ankermanövers bemerken wir gar nicht, dass ein Junge an Bord gestiegen ist. Ich zucke recht zusammen, als er plötzlich neben mir steht. Auf mein erstauntes Gesicht hin ist seine Antwort: ich will dein Schiff sehen. Navosa, so sein Name, macht das anscheinend bei allen neu ankommenden Yachten. So war es jedenfalls auch bei Gipsy, die auch hier liegt. Schön, so werden wir sie fragen, ob sie den 1. August mit uns im benachbarten Resort in der Naiviivi Bucht bei einem feinen Essen feiern mögen.

        Im Dorf, das am Ufer liegt, heisst es zuerst Sevusevu machen. Der Dorfchef Moses empfängt uns sehr freundlich und nimmt die Yangona entgegen. Im Dankesgebet schliesst er Glückwünsche für unsere Weiterreise ein. Im sauberen und gepflegten Dorf begegnen wir vielen Kindern. Ich versuche mir immer vorzustellen, wie fremd wir mit unserer weissen Haut für sie aussehen. Wir erhaschen auf jeden Fall manch schmunzelndes oder verschmitzt lachendes Kindergesicht.
        Navosa ist ein sehr aufgeweckter Junge und an allem interessiert. Er kommt auch anderntags wieder mit seinem Kanu angerudert. Christian erklärt ihm den Radar, die Navigationsgeräte und zeigt ihm den Wassermacher. Navosa bleibt einfach auf dem Schiff sitzen. Wir müssen ihn gar nicht beschäftigen, er geniesst es einfach und fantasiert in diesen Momenten vielleicht seine eigenen Geschichten.

        Wir sind froh, dass wir unsere Beine wieder einmal auf ihre Gehtüchtigkeit testen können. Wir wandern an der Ostküste von Taveuni zu drei Wasserfällen. Das Wetter ist leider nicht so schön, doch es ist dementsprechend weniger heiss. Speziell ist, dass uns auf dem ganzen Weg ein Hund begleitet. Er weicht nie von unserer Seite. Natürlich teilen wir unser Picknick mit ihm, das er sich aber nicht bettelnd holt, sondern geduldig immer wieder auf einen Happen wartet. Erst auf dem Rückweg gönnt er sich beim ersten Wasserfall seine wohlverdiente Verschnaufpause.

        Wir verlassen Taveuni und somit das traditionelle Gebiet Fijis im Nordosten, das uns landschaftlich wie auch von der unvorstellbaren Offenheit der Menschen sehr beeindruckt hat.

        Christian will sich einen der schönsten Tauchspots der Welt nicht entgehen lassen. So machen wir beim Namena Riff einen Zwischenstopp. Und es hat sich mehr als gelohnt. Christian‘s Gesicht hätte nach zwei vollbrachten Tauchgängen nicht glücklicher strahlen können. So eine reiche und farbige Fisch- und Korallenvielfalt hat er noch nirgends erlebt.

        Von hier aus bereisen wir die Nordküste von Viti Levu in kleinen Tagesetappen, um die Vuda Point Marina im Westen zu erreichen, welche uns als Startbasis für die Weiterreise nach Vanuatu dienen wird. Es ist schön, in eine bekannte Marina einzulaufen. Dieser Hafen war schon das letzte Jahr Startort für die Überfahrt nach Neuseeland.

         

        Epilog:


        Heute ist der 12. September 2014. Der Blog ist aufgesetzt. Es sind zugleich die letzten Geschichten, die du von mir zu lesen bekommen hast.
        Meine Koffer sind gepackt. Am 14. September werde ich von Luganville, der Hauptstadt von Vanuatu, in die Schweiz fliegen.
        Für meine Familie und die engsten Freunde ist das keine Neuigkeit, du selber wirst vielleicht von dieser Nachricht überrascht sein.

        Der Abschied von Samuri ist keine überstürzte Handlung meinerseits. Er ist wohl überlegt und über lange Zeit gereift. 
        Schon Ende letztes Jahr war ich von einem weiteren Jahr auf dem Wasser nicht sehr begeistert. Da ich aber so fest spürte, dass Christian noch nicht bereit war, seinen Traum abzubrechen, liess ich mich nochmals motivieren und ich bereue es in keiner Weise. Ich möchte die Erlebnisse der letzten Monate nicht missen.
        Als grosses Entgegenkommen von Christian mir gegenüber durfte ich für die grösseren Passagen das Flugzeug nehmen. Ich habe es in den ganzen fünf Jahren leider nicht geschafft, meine Seekrankheit zu überwinden. Und so war das für mich eine grosse Entlastung.

        Jetzt aber ist meine Zeit gekommen. Ich möchte endlich wieder ein festes Zuhause unter den Füssen. Ich möchte näher bei meiner Familie und bei meinen Freunden sein. Ich habe die sozialen Kontakte in den letzten Jahren sehr vermisst. Ich werde mir in Stans in unserer Zweizimmerwohnung mein neues Heim einrichten. 

        Christian hingegen kann sich eine Rückkehr im Moment überhaupt nicht vorstellen. Es wartet (noch) keine Herausforderung auf ihn in der Schweiz. Er wird in den nächsten Wochen in Vanuatu bleiben, dann weiter nach Neukaledonien segeln. Die Zyklonzeit wird er in Neuseeland verbringen, teilweise auf Samuri, teils reisend auf dem Festland.
        In Neuseeland wird Samuri zum Verkauf ausgeschrieben. Falls sich bis zum Frühjahr kein Käufer findet, wird Christian Samuri im 2015 nochmals in die Inselwelt entführen.
        Vielleicht werde ich mal als Crew anheuern, eine gewisse Segelerfahrung könnte ich nachweisen :-).

        Und so trennen sich vorübergehend unsere Wege im gegenseitigen Einverständnis, dass jeder seine Zeit auf seine eigene Weise und für seine weitere Entwicklung und seine persönlichen Bedürfnisse nutzen darf. Natürlich freuen wir uns auf ein neues gemeinsames Projekt, irgendwann, irgendwo. Aber was das sein wird, steht noch in den Sternen.

        Ich würde mich freuen, von dir vielleicht etwas zu hören oder dich in der Heimat wieder zu sehen.

        Herzlichst  
        Evelyne

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          Tonga

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          Am 21. Mai lande ich um die Mittagszeit in Tonga. Ich Glückliche habe einen angenehmen Flug hinter mir, während Christian mit seiner Crew innert 9 Tagen die gut 1000 Seemeilen von Neuseeland hinter sich gebracht hat. 
          Wer sich im Detail über die sehr angenehme bis anspruchsvolle und ruppige Überfahrt informieren will, kann dies in den Tagesberichten in "Standort" auf unserer Webseite nachlesen.  

          Volkmar fliegt an meinem Anreisetag zurück nach Auckland und Iris und Greg, die anderen beiden Crewmitglieder, erholen sich für zwei Tage in einem kleinen Bungalow am Strand. Nachher fliegen auch sie nach Neuseeland zurück. Sie wollen ihren frisch erstandenen Bus herrichten, um damit so bald wie möglich auf Reisen zu gehen.

          Der Segeltripp hat Spuren hinterlassen. Samuri sieht recht unordentlich aus, ist völlig eingesalzen und es wartet ein Berg Wäsche. Wegen dem ruhigen Hafenbecken, in welchem wir liegen und der Vorfreude im Herzen auf unseren Besuch, komme ich mit Aufräumen und Putzen zügig vorwärts.

          Susanne und Roland sind glücklich in Tongatapu, der Hauptinsel Tongas, gelandet. Beinahe wäre es schief gegangen. Die Flüge waren über die USA gebucht, Roland aber besitzt keinen biometrischen Pass. Einer spontanen und äusserst hilfsbereiten Angestellten der Fluggesellschaft sei gedankt! Innerhalb von zwei Stunden organisierte sie eine völlig neue Reiseroute über Asien bis nach Auckland, und Susanne und Roland erreichten immer noch rechtzeitig den Flug nach Tonga. 

          Von jetzt an ist Erholung angesagt. Die ersten beiden Tage bleiben wir in der Hauptstadt Nuku'alofa, damit sich unsere Gäste akklimatisieren können. Hier lohnt es sich, durch den Früchte- und Gemüsemarkt und durch den Handwerkermarkt zu schlendern. Jeder der geflochtenen Körbe ist ein kleines Meisterstück, mit stundenlangem Fleiss und handwerklichem Können aus getrockneten Blättern der Pandanusspflanze  angefertigt. Nicht nur diese, sondern auch die bemalten Tapa, die Matten aus der Rinde des Maulbeerbaumes, haben es Susanne angetan. Und sie deckt sich doch gleich mit ein paar Souvenirs ein.  

          Die Inselrundfahrt mit einem kleinen Mietauto gibt uns die Gelegenheit, die Landschaft, die Natur und ein paar Dörfer dieser neuen Kultur kennen zu lernen. Kaum bewegen wir uns vom Hauptort weg, kommen wir in recht armselige Gegenden. Diese Menschen haben wirklich nicht viel zum Leben. Doch sie winken uns alle freundlich zu und rufen "Malo lelei".
          Entlang der südwestlichen, in Terrassen abfallenden Felsküste, machen wir einen Stopp bei den Blowholes. Hier schiesst die Gischt durch hunderte Gesteinsöffnungen bis zu 20 Meter fontänenartig in die Höhe. Beim hohen Druck, mit dem das Wasser durch die Blaslöcher gepresst wird, entsteht ein lauter Ton, der sich anscheinend an stürmischen Tagen zu einem ohrenbetäubenden Lärm steigern kann. 
          Nach dem Picknick aus unseren Taschen trinken wir in einem Ressort Kaffee. Das Haus scheint völlig ausgestorben zu sein und sieht mit seinen erst sieben Jahren Betriebszeit schon recht verwittert und ungepflegt aus. Wir treffen eh nur wenige Touristen an in Tonga, was sich aber bestimmt bald ändern wird. Riesige Buckelwale kommen nämlich zwischen Juli und November aus der kühlen Antarktis in die seichten, tropisch warmen Gewässer Tongas, um hier ihre Jungen zu gebären und aufzuziehen. In Tonga ist es gestattet, mit den Walen zu schwimmen und zu schnorcheln. Und das ist d i e Touristenattraktion hier.  

          Lustige Unterhaltung finden wir beim letzten Unterbruch unserer Fahrt im Westen Tongatapus. Hunderte von Flughunden hängen mit den Köpfen nach unten in den Kasuarinenbäumen, die entlang der Strasse stehen. Es ist ein Gewimmel und eine ständige Unruhe. Manchmal fliegt einer zu einem anderen Ast und drückt sich zwischen seine Artgenossen. Von unten her können wir richtig gut in die drolligen Gesichten sehen. Die Spannweite eines Flughundes kann bis zu 70 cm betragen. Diese Tiere sind in Tonga bis heute heilig. Sie dürfen nur von Mitgliedern der königlichen Familie gejagt werden. Der Legende nach stirbt eines ihrer Mitglieder, wenn ein Albino Flughund geboren wird. 

          Tonga ist übrigens das einzige noch existierende Königreich Polynesiens. Staatsoberhaupt ist König Siaosi Topu V. Die gesetzgebende Versammlung setzt sich aus dem König, einem von ihm eingesetzten Kronrat sowie neun von den Adelsfamilien ernannten und neun vom Volk gewählten Abgeordneten zusammen. 
          Mitte der 1980er-Jahre formierte sich eine Demokratiebewegung, die unter anderem eine grundsätzliche Reform des politischen Systems und Beschränkungen der Machtbefuge der königlichen Familie einforderte. Es gab grosse Unruhen und Ausschreitungen. Die Menschen wollten eine neue Verfassungsreform, denn die korrupte Führungselite hatte sich immer mehr von den Bedürfnissen der Bevölkerung abgewendet. Es gab so viele ökonomische Fehlentscheidungen, dass das Volk immer mehr verarmte. So könnten Tongas Einwohner gar nicht überleben, wenn nicht ein grosser Teil der Familien ständig im Ausland arbeiten und sie finanziell unterstützen würden.
          Der Industriesektor ist schwach ausgebildet, in den Export nach Japan, die USA und NZ gehen Bananen, Kokosnüsse, Vanille und Aloe. Tonga lebt also sehr stark von der Entwicklungshilfe. 

          Unsere Gäste wollen endlich schwimmen gehen. So verlassen wir den Hafen und führen die beiden auf dem ersten kleinen Schlag zur Insel Pangaimotu in die schiffseigenen und sicherheitsrelevanten Dinge von Samuri ein. Alles andere ist für die beiden erfahrenen Segler ein Klacks. Ich freue mich schon auf meine Ferien als Capitana :-). Es ist für mich eine riesige Erleichterung, denn die lieben Männer stehen bei den beiden langen Schlägen, die es innerhalb der drei Wochen gibt, für uns Frauen morgens um vier Uhr auf und übernehmen die Wachestunden in der Frühe. 

          Die Inselwelt von Tonga setzt sich aus vier Inselgruppen zusammen, aus Tongatapu, der Ha'apai-, der Vava'u- und der Niua-Gruppe. Dazwischen liegen immer knappe 70 Seemeilen. Alle ausser der letzten Inselgruppe werden wir besuchen. 

          Im letzten Januar fegte über Ha'apai ein Zyklon mit Stärke 5. Die Hauptstadt Pangai wurde sehr hart getroffen. Als wir zum Ankerplatz kommen, bietet sich uns ein betrübliches Bild. Schon vom Wasser her sehen wir völlig zerstörte Häuser, Gebäude ohne Dächer oder uralte Banyan-Bäume, deren dickste Äste abgeknickt sind. Wir gehen an Land und schauen uns die Zerstörung an. Viele Häuser sind wie Kartenhäuser in sich zusammengebrochen. Andere hat es durch den heftigen Wind einfach um drei bis vier Meter verschoben. Die grossen Kirchendächer sind weggefegt. Das Wasser ist bis tief in das Dorf eingedrungen und hat die Böden zerstört. 
          Wir sind glücklich zu sehen, dass die Menschen aus aller Welt Unterstützung erhalten haben. Alle haben ein Notzelt zum Wohnen bekommen, bis ihr altes Haus wieder aufgebaut oder ein neues aufgestellt ist. Essen haben alle genug. Und die Leute haben begonnen, eigene Gärten mit Gemüse anzulegen. Das üppige Klima lässt ja alles innert kurzer Zeit spriessen und gedeihen. Die Strassen sind schon recht geräumt und geputzt. 
          Und trotzdem ist es für uns erdrückend, unter welch primitiven Umständen die Menschen leben. Doch alle begrüssen uns sehr freundlich und aus den dunkelsten und schmutzigsten Ruinen winken uns kleine Kinderhände zu.

          Dieses Bild lässt uns aufhorchen. Schon seit Beginn unserer Reise sagen wir, Samuri sei zu schwer. Das ist die Gelegenheit. Mit einer grossen Ladung an Bettzeug, Bettwäsche, Frottierwäsche, Kleider, Seifen, Haargummi, Zahnbürsten usw. sprechen wir beim Pastor vor. Gerne nimmt er unsere Spende entgegen und dankt Gott für unseren Besuch. Ein Freund des Pastors bringt uns in die Primarschule, wo wir viele Schreibhefte und Stifte übergeben können. Die Kinder danken es uns mit einem prächtigen Thank you!
          Vom Gewicht her erleichtert und vom Gefühl her beglückt kehren wir in den Wohlstand auf Samuri zurück. 

          Die nächsten Tage geniessen wir die Inselwelt. Leider ist das Wetter eher kühl und auch die Wassertemperatur lädt nicht zum stundenlangen Bädele ein. Die Tonganer meinen, dass das kühle Wasser vom Tongagraben kommt, der sich östlich der Ha'apai-Gruppe befindet und bis zu 10'882 Meter tief ist. Susanne und Roland lassen sich davon nicht abhalten und ziehen ihre tägliche Wassergymnastik durch. 

          Von den Tauch- und Schnorchelplätzen in Tonga sind wir etwas enttäuscht. Viele Riffe sind tot, viele Korallen sind abgestorben und dementsprechend ist die Fischvielfalt klein. Diese Umstände finden auch die Männer auf ihrem Tauchgang vor, den sie zusammen unternehmen. Während dessen sich die Männer mit den Farben der Unterwasserwelt beschäftigen, schwelgen wir Frauen in den schimmernden Farben meiner Glasperlen, die ich ans Tageslicht geholt habe. In ruhigen Ankerbuchten fröne ich immer wieder meinem Hobby und fertige damit Arm- und Halsketten an. 
          Sofort stellt Susanne ihre Farbkombination zusammen. Von diesem Tag an ist für die Freizeitbeschäftigung der Frauen gesorgt. Susanne will ihr Erstlingswerk natürlich mit nach Hause nehmen. 

          Elke und Werner sind ehemalige Segler, die sich nach 20 Segeljahren in Vava'u niedergelassen haben. Die beiden leiten den Trans-Ocean-Stützpunkt. Das heisst, sie sind  in Tonga die Ansprechpartner für uns Segler, sofern wir Mitglieder von diesem Verband sind. Christian hat das Ehepaar im letzten Winter in Neuseeland kennen gelernt, als die beiden von ihrem Europabesuch zurück kamen. 
          Noch bevor wir Neuseeland verlassen haben, baten uns Elke und Werner, für sie einige Waren einzukaufen und diese mit nach Tonga zu führen. Mit dem Wissen, wie klein das Angebot auf den Inseln ist, haben wir das gerne gemacht. 
          So dürfen wir uns an die persönliche Boje von Elke und Werner legen und wandern über den Hügel auf die andere Seite der Insel zu ihrem Haus. Wir werden mit offenen Armen empfangen und zu Kaffee mit Schwatz eingeladen. Anderntags kommen wir nochmals in den Genuss dieser herzlichen Gastfreundschaft. An einem grossen Tisch sitzen wir mit anderen Seglern zusammen und werden fein bekocht. Interessiert hören wir Elke und Werner zu, wie sie uns über die Lebensweise und Mentalität der Tonganer erzählen. Auch in diesem Land macht die Korruption keinen Halt.  

          Tonga liegt östlich des 180. Längengrad, der zugleich die internationale Datumsgrenze bildet. Doch gerade eben an dieser Stelle wurde die Datumsgrenze nach Osten verschoben. Somit befindet sich Tonga unmittelbar westlich dieser gedachten Linie und begrüsst als erster Staat der Welt jeden neuen Tag. So verweisen die Tonganer gerne darauf, dass ihr Land genau da liegt, "wo die Zeit beginnt". 
          Auf den Inseln aber scheint die Zeit noch gemächlicher dahin zu schleichen, als sonst wo im weiten Südpazifik. So werden auch wir einmal mehr zu einem Entschleunigungsprozess gezwungen. Das wäre ja gut und recht, aber nicht im Falle der Heimreise von Susanne und Roland. Diese wird nämlich zur reinsten Odysée.

          Die sehr bereichernde und fröhliche Zeit mit unseren Freunden ist leider schon zu Ende. Es ist Samstagmorgen, Abschiedstag. Um Punkt 7 Uhr stehen wir am Dock bereit und warten auf das Taxi, das Susanne und Roland zum Flughafen bringen soll. Alles Weitere schildere ich euch in Kurzform: 
          Der Taxichauffeur hat verschlafen, kommt aber trotzdem noch. Nach drei Stunden höre ich  unsere Freunde vom Ufer her rufen. Ihr Flug wurde gestrichen, der nächste geht am Nachmittag. Das Flugzeug am Nachmittag dreht um. Keine Landung wegen nasser Piste. Im Büro der Airline muss ich fast das Pult besteigen, um die Madame zu bewegen, mir die Telefonnummer der Air NewZealand zu geben, damit wir alle Flüge in die Schweiz umbuchen können. 
          Der Samstag ist gelaufen. Der Sonntag ist den Tonganern heilig. Da geht gar nichts. 
          Am Montagmorgen hat das Flugzeug technische Probleme. Mit Verspätung erreichen Susanne und Roland die Hauptinsel von Tonga. Sie sehen ihren Anschlussflug nach Auckland gerade starten. Erneute Umbuchung aller Flüge.
          Mit je einem Tag Zwischenstopp in Tongatapu, in Auckland und in Hongkong erreichen die beiden Zürich erst am Freitagmorgen, anstelle des vergangenen Montagabends. 
          Dieses Ferienerlebnis wird niemand von uns je vergessen und schon bald werden wir darüber schmunzeln. Tonga - Time...

          Christian und ich segeln zurück zur wunderschönen und ruhig gelegenen Bucht bei der Insel Vaka'eitu. Wir kennen den Ankerplatz vom Besuch der letzten Tage mit unseren Freunden. Am Ufer wohnen Haike und Dave. Sie sind erst um die vierzig und haben gemeinsam 11 Kinder. Die jüngsten wohnen noch hier bei ihren Eltern, die älteren sind bereits auf anderen Inseln berufstätig. Die Familie lädt uns und die weiteren Segler, die in der Bucht liegen, am Sonntag zum Essen ein. 
          Schon frühmorgens wird eingeheizt. Der Knabe muss oder darf für Stunden das erst drei Monate alte Ferkel drehen, das am Spiess über dem Feuer gebraten wird. Die Mädchen helfen beim Anrichten der anderen Speisen. Zuerst dürfen wir Gäste uns am Buffet bedienen, danach erst isst die Familie. Zu unserer Überraschung holt Dave seine Gitarre und die Familie singt für uns ein paar Lieder. Es ist wunderschön, welch hohen Stellenwert das Singen in ganz Polynesien hat, sei es in der Kirche, unter Freunden oder eben in der Familie. 

          Es zieht uns wieder weiter. Das Wetter zeigt ein gutes Fenster, die richtige Zeit, die Dreitagesfahrt nach Fiji anzutreten. 

          Adieu Tonga, vermutlich auf Nimmerwiedersehen...

           

           

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