Törnberichte

New York-Florida

  • Freitag, 24. Dezember 2010
Hier geht's zur Bildergalerie

Yeah!! 11 Knoten Speed - unsere Rekordgeschwindigkeit unter Segel!

Der Kapitän sitzt freudenstrahlend am Steuer. Was für ein motivierender Start für die 50 Stunden Fahrt, die vor uns liegen. Wir wollen die 285 Seemeilen von New York nach Norfolk in einem Stück zurücklegen, um in den wärmeren Süden zu kommen. In den beiden Nächten lösen wir uns im 4 Stunden Rhythmus ab. Der eine darf schlafen, der andere muss Wache halten. Auf dieser Wegstrecke nimmt der Wind laufend ab, die Wellen nehmen zu, was uns körperlich recht ermüdet. Glücklich über die problemlose Fahrt binden wir im Hafen die Leinen fest und kräftigen uns zuerst mal mit einem reichhaltigen Frühstück.

Die Zeit, die wir in den Häfen verbringen, geht stets im Flug vorbei. Samuri wird aussen gewaschen und innen geputzt. Die Motoren und die Segel brauchen ihre Pflege. Was kaputt ist, wird von Christian repariert. Ich gehe zu Fuss oder mit dem Velo und Rucksack auf Einkaufstour für frische Esswaren für die nächsten Tage. Währenddessen trocknet die Wäsche an der Reeling im Wind. Den Wassertank füllen wir mit Frischwasser auf. Mit den engsten Familienmitgliedern hängen wir am Skype, um einander die wichtigsten Neuigkeiten zu berichten. Und so sind wir wieder startklar.

Die nächsten Tage geniessen wir auf dem ICW ohne grosse Wellen. Das Wetter ist wunderbar. Die Tage sind noch bis 24 Grad warm, die Nächte jedoch sind kalt. Es ist auch hier Herbst geworden. Die immer weniger werdenden Laubbäume tragen farbige Blätter. Denn je südlicher wir kommen, umso mehr sind die Ufer von Palmen gesäumt. Das Wasser ist immer noch dunkelgrün bis braun. Gegensätze an den Ufern dieses Wasserweges versetzen uns ins Staunen. Millionenschwere Villen mit Parkanlagen und eigenem Sandstrand wechseln mit einfach gebauten Häuschen ab. Ein paar Meilen weiter ankern wir in einem absolut ruhigen Wasserarm inmitten unberührter Natur, wo sich die weisen und wahrhaft liebenden Delphine tummeln oder der Waschbär im Gebüsch sein Abendessen zu erhaschen versucht. Anderntags holen uns Gestank und Lärm der Zivilisation wieder ein.

Nochmals entschliessen wir uns zu einem „Nachtschlag“ auf dem Atlantik, um Meilen vorwärts zu machen. Christian lässt in der Abenddämmerung die Angelrute ausrauschen. Er setzt auf den farbigsten Köder, den er in seiner Fischerkiste findet. Ich bewundere nach wie vor seine Ausdauer, hatte er in den letzten Wochen doch immer wieder Seegras am Haken anstelle von Frischfisch. Doch lange geht es diesmal nicht und wir beide schreien „Fisch“! Wunderbar, unser erster Thunfisch ist gefangen und das Nachtessen nach der langen Reise gesichert. Mit dem Einlaufen im Hafen von Charleston schliesst sich für uns ein weiterer Kreis. Erinnerst du dich? Hier hat doch am 3. Mai unsere Reise begonnen.

Wie heisst es noch: Langfahrtsegler reparieren sich um die Welt. Sind wir nicht auch welche ...?
Der Windpilot will die Windrichtung nicht mehr anzeigen und die Ankerwinsch ist zu faul, den Anker zu hissen. Na toll! Was bleibt uns anderes übrig, als die 20 Meter Kette und den Anker mit unseren Muckis einzuziehen. Auch für dieses Problem hat mein Bordmechaniker zum Glück die richtigen Ersatzteile und sein Knowhow mit an Bord.

Halloween - ein wichtiger Tag in den USA. Schon Wochen vorher sehen wir viele Häuser, geschmückt mit den lustigsten Kürbisgesichtern, die auf Stroh liegen; mit bunt angezogenen Puppen, die vor der Türe sitzen oder mit den wildesten Gruselfiguren, die in Spinnennetzen vom Dach hängen. Auch wir rüsten Samuri mit zwei Schreckensgesichtern aus, um in dieser Nacht die Geister fern zu halten.

Unsere Reise führt uns täglich weiter Richtung Florida. Auf dem ICW ist die Fahrt gemütlich. Während einer der Crew Samuri steuert, hat der andere freie Zeit, die er für sich persönlich nutzen kann. Und trotzdem ist es gut, wenn der Mitfahrer ab und zu ein Auge auf den Wasserweg wirft. Dies hat doch schon eine Kollision mit einem Seezeichen verhindern können....

In St. Augustine machen wir einen lohnenswerten Aufenthalt von zwei Tagen. Diese lebendige Stadt bringt uns mit ihrem spanischen Flair, den Souvenirläden und den zahlreichen Touristenattraktionen in richtige Ferienstimmung. In einer rumpelnden Strassenbahn lassen wir uns herum chauffieren und der Lautsprecher berieselt uns mit den Erklärungen der Sehenswürdigkeiten, die rechts und links der Strasse liegen.

Am 21. November laufen wir in Stuart ein, knapp 200 km oberhalb von Miami. Schon seit Wochen plant Christian diesen Werftstopp in der Hinckley Marina. Es gibt in Florida nur wenige Werften, die einen so breiten Kran haben, um einen Katamaran aus dem Wasser heben zu können. Unsere Samuri wird hier trocken gelegt, damit das Unterwasserschiff mit einem neuen Antifouling-Belag gestrichen werden kann. Das ist ein Anstrich, der vor Algen und Muschelbelag schützen soll.

Diese Arbeit ist nur ein Teil der sehr langen To-Do-Liste für die Werft. Christian selber erledigt mit seinem handwerklichen Geschick viele Verbesserungen oder Neuinstallationen an Samuri. Er ist voll in seinem Element.
Für mich ergibt sich hier die einmalige Gelegenheit, einen kurzen Abstecher in die Heimat zur Familie zu machen. Ich erwische die wunderschönste Winterwoche. Die Welt ist in weiss gekleidet und wirkt wie verzaubert. Alles ist schon weihnachtlich geschmückt. Ich erlebe meine Zeit sehr intensiv und geniesse jede Minute. Verzeih mir, wenn ich mich bei dir nicht gemeldet habe. Bei diesem kurzen Besuch hatte meine Familie Vorrang.

Zurück an der Wärme werde ich als Hilfskraft gerne aufgenommen und kann mich an den Schleifarbeiten am Rumpf nützlich machen. Auch Melanie, die eine Woche später zu uns kommt, muss hart ans Werk. Wir sind sehr froh und dankbar für ihre wertvolle Unterstützung!
Aus geplanten zwei Wochen in der Werft werden plötzlich vier. Und die Zeit wird noch fast knapp, denn unsere 180 Tage USA Aufenthalt laufen Ende Jahr ab. Wir müssen das Land verlassen, sonst gibt es Probleme. So sind wir überglücklich, als Samuri endlich wieder gewassert werden kann. Und wie sie glänzt! Es ist ein rührender Moment für uns alle.

Heute ist der grosse Tag! Um 8.40 haben wir nach genau 30 Tagen in der Hinckley Werft in Stuart die Leinen gelöst. Innerhalb den nächsten zwei Tage werden wir auf dem ICW nach Fort Lauderdale fahren, wo wir den heiligen Abend feiern werden. Am Weihnachtstag soll nach den jetzigen Wetterprognosen optimaler Wind für die Überfahrt nach Bimini Island / Bahamas herrschen. Da werden wir einklarieren und in den drei folgenden Tagen nach Nassau segeln.

Voller Spannung sehen wir Weihnachten und Neujahr entgegen und sind offen für eine neue Erfahrung. Ob es an der Wärme und am Strand wohl auch besinnliche und stimmungsvolle Momente geben wird? Gerne berichte ich dir im nächsten Jahr darüber.

MERRY CHRISTMAS AND A HAPPY NEW YEAR

Von ganzem Herzen wünschen wir dir ein frohes Weihnachtsfest im Kreise deiner Familie und Freunde. Wir stossen mit dir auf das 2011 an und wünschen dir viel Freude, beste Gesundheit, Licht und Liebe

Evelyne und Christian

 

PS: mit dem Verlassen der USA ist es für uns vorbei mit dem einfachen Anzapfen von WiFi-Verbindungen. Wir werden unsere E-Mails künftig mehrheitlich per Satellitentelefon versenden und empfangen.
Wir freuen uns sehr über jede Nachricht; doch bitte sende uns wenn möglich nur noch reine Text-Emails ohne Anhänge. Denn diese haben meist viele Daten und kommen uns beim Herunterladen teuer zu stehen.
Grössere E-Mails (mit Anhängen), können wir nur gelegentlich bei einer der seltenen WiFi-Verbindungen herunter laden. Danke für's Verständnis.

Nach oben

1 Kommentar(e):

  • Jules
  • Freitag, 24. Dezember 2010
  • 08:18

Frohe Weihnachten

Hi zäme!
Ech wünsche euch en frohi Wiehnachte und en tolle Rutsch is neue Jahr mit viel Power, gueter Gsundheit, guets Wätter, Humor und Spass, Liebi und emmer chli Wind ide Sägel :-)

Vieli liebi Grüessli vo Küssnacht, Jules

Kategorien

Letzte Kommentare

Diesen Blog abonnieren

Übersicht