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Gesellschaftsinseln II
- Dienstag, 11. Juni 2013
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Ein herzliches Ia Orana und viel Spass beim Lesen der versprochenen Fortsetzung des Berichtes von den Gesellschaftsinseln.
Mit leicht raumem Wind und sehr moderaten Wellen erleben Walter und Nicola ihre erste Nachtfahrt von Tikehau nach Moorea. Beide sind voll motiviert und unterstützen Christian und mich abwechselnd in der jeweils dreistündigen Wachperiode.
Am folgenden Nachmittag wird das ruhige Segeln plötzlich durch das Ausrauschen der Fischerleine unterbrochen. Fisch!! schreit jeder aus voller Kehle und ist sofort zur Stelle. Nicolas "Muckis" sind gefragt. Meter um Meter rollt er den Silk mit dem reissenden Fang daran auf und kämpft gegen die Kraft des Fisches an. Nicola gewinnt und zieht den 11,5 kg schweren Thunfisch "an Land". Danke Fisch! Für unsere nächsten Essen ist gesorgt.
In der Passeinfahrt von Moorea begrüsst uns ein grosses Rudel Delphine. Wir legen uns an den ruhigen Ankerplatz, an welchem wir vor ein paar Monaten schon gelegen sind und freuen uns auf eine erholsame Nacht.
Wie wir es schon mit anderen Gästen gemacht haben, wollen wir auch mit Walter und Nicola auf Tuchfühlung mit den Stachelrochen gehen. Obwohl wir das Anfüttern von Tieren nicht unbedingt gutheissen, finden wir es positiv, dass die Tiere hier in Freiheit leben, auf eigenen Willen zum Fressen kommen und nicht zu Demonstrationszwecken in Bassins gehalten werden. Es ist eine einmalige Gelegenheit, die graziösen und weichen Rochen so nah sehen und sogar berühren zu können.
Mutig stellt sich Walter zwischen die Riffhaie ins schultertiefe Wasser und wird sofort von den bettelnden Rochen umzingelt. Es wimmelt diesmal von sehr vielen Haien, doch sie bleiben in angenehmer Distanz.
Auf dem etwa zweistündigen Rundgang zum herrlich gelegenen Aussichtspunkt Belvedère und zurück über die Route Ananas hätten wir Besitzer von vier kleinen Hündchen werden können. Sie springen uns mitten auf der Waldstrasse entgegen und folgen uns auf Schritt und Tritt. Unser Proviant, Crackers und Dörrbananen, wollen sie nicht fressen. So ausgehungert sind sie anscheinend nicht. Doch bestimmt hat jemand die Hunde einfach ausgesetzt, um sie los zu sein. Eine englische Touristin erbarmt sich ihrer, packt sie ins Auto und will sie dem Tierarzt ins Dorf zum Töten bringen. Es wird wohl die bessere Lösung sein als jämmerlich zu verhungern. Doch es tut im Herzen weh.
Auf unserer Reise werden wir immer wieder mit dem Thema Tierhaltung konfrontiert. Wir fragen uns, was für einen Bezug die Einheimischen zu ihren Haustieren haben. Wir können zum Beispiel nicht begreifen, dass die Menschen auf den einsamsten Inseln ihre Hunde, Schweine, Ziegen, Pferde oder auch Schafe an kurzen Leinen anbinden, obwohl es rundherum riesige Landflächen gibt. Die Hühner halten sie auf engstem Raum auf Drahtgittern ohne jeglichen Auslauf. Sprechen wir die Tierbesitzer auf diese (von uns aus gesehene) Problematik an, reagieren sie mit Schulterzucken oder schauen uns mit grossen Augen an. Unsere Sorge um das Tier kümmert sie nicht wirklich. Schade.
Wie Christian wenigstens Hio's Hunden ein schöneres Leben bereiten konnte, wirst du weiter unten lesen können.
Die Zeit des Abschieds unserer Feriengäste naht. So nehmen wir die letzte kurze Überfahrt von Moorea nach Tahiti unter den Kiel. Der Wind ist gut. Flott rauscht Samuri übers Meer. Sie dann aber im Hafen von Papeete gegen den Wind an den Mooringleinen optimal zu befestigen, fordert uns als Crew heraus. Wie froh bin ich, die starken Männer zu Hilfe zu haben.
Die zwei bleibenden Ferientage sind ausgefüllt mit einer Inselrundfahrt und den Einkäufen der letzten Souvenirs für die Daheimgebliebenen. Einmal mehr dürfen wir auf drei glückliche Wochen mit Feriengästen an Bord zurück blicken.
Die folgende Woche steht Routinearbeit an; Waschen, Putzen und Einbunkern für die nächsten sechs Monate. Daneben geniessen wir aber auch Städterummel und -bummel. Ich besuche mein Freundin Annie vom Kunstladen und Roselyne von der Stoffboutique. Roselyne lädt uns ans Konzert des Konservatoriums von Tahiti ein. Das Thema heisst: "Hommage an die Beatles". Die für die Jugendlichen perfekt arrangierten und mitreissend gespielten 25 Songs lassen uns kaum ruhig auf dem Stuhl sitzen und bescheren uns einen unvergesslichen Abend.
Als wir dann am Sonntag ins Strandhaus von Roselyne zum Lunch eingeladen werden, ist uns definitiv klar, dass sie zu der reicheren Gesellschaft Tahitis gehört. Uns bleiben Mund und Auge offen. Unsereins würde so ein Landhaus sogar auch unter der Woche als Wohnsitz wählen...
Welcome on Bord, Maja und Heinz!
Ein Rundgang durch Papeete, der Besuch der Markthalle, Perlen anschauen, besser noch einkaufen, ein Nachtessen in einem Roulotte und die 120 km lange Inselrundfahrt um Tahiti sind ein Muss. Die ersten beiden Ferientage unserer Freunde sind also bestens ausgefüllt, an einen Jetlag ist gar nicht zu denken.
Nun aber ab in ruhigere Gegenden. In Moorea, in der Bay Opunohu, gibt es auf Samuri am Abend Openair-Kino. Wir schauen uns den Film "Die Meuterei der Bounty" an, den uns unsere Gäste mitgebracht haben. Das Witzige daran ist, dass wir genau vor der Kulisse liegen, vor welcher 1984 die Verfilmung mit Mel Gibson alias Fletscher Christian und Anthony Hopkins alias Captain Bligh statt fand.
Auf der Fahrt nach Raiatea fangen die beiden Männer am Morgen früh den grössten Mahi Mahi, den wir je an Bord gezogen haben: 1,30m lang und 14kg schwer. Schlemmen in Form von Sashimi, Poisson cru und Fisch vom Grill ist angesagt.
Von Maja und Heinz werde ich in der Küche stets tatkräftig unterstützt. Die beiden schenken mir sogar zwei Verwöhntage, an welchen ich überhaupt nicht mal in die Pantry blicken darf. Einfach wunderbar!
Südlich von uns zieht ein Tiefdruckgebiet durch, das uns einigen Regen bringt. So nutzen wir die trockenen Momente, um einen Aussichtspunkt zu besteigen und um die wichtigste und grösste bekannte Kultstätte FP's, das Marae Taputapuatea, zu besichtigen. Diese Anlage wurde im 17. Jh. errichtet und war der Gottheit Oro gewidmet.
Die Regentage lassen uns auch länger am Tisch sitzen als üblich. Es ist die gute Gelegenheit für Maja und Heinz, uns über unsere Erfahrungen als Langfahrtensegler zu befragen. Die beiden haben nämlich ein interessantes Projekt in dieser Richtung am Laufen und sind deshalb sehr froh über diesen Gedankenaustausch.
Die Insel Tahaa, auch Vanilleinsel genannt, liegt in der gemeinsamen Lagune und nur 3km nördlich von Raiatea. Hier werden etwa 80% der Vanille aus FP produziert. Bei Alain, einem hängen gebliebenen französischen Segler, der mit seiner italienischen Frau Christina seit mehr als 30 Jahren hier lebt, buchen wir eine Tagestour. Alain führt uns zuerst durch sein offenes Haus und den üppigen Garten. Er benennt uns jeden Baum und erzählt uns über die medizinische Wirkung vieler einheimischer Pflanzen. Dann geht es mit dem Offroader auf holprigen Wegen in die Berge. Mit liebevoller Geduld geht der Biologieunterricht weiter. Als Zwischenverpflegung offeriert uns Alain die süssesten tropischen Früchte, Kokoswasser und Zitronentee.
Bora Bora, die "Postkarteninsel" mit den aquamarin, türkis bis smaragdgrün leuchtenden Lagunen und der markanten, grünen Bergsilhouette eines halb versunkenen Vulkans ist einfach märchenhaft. Hier können Maja und Heinz nochmals richtig die Seele baumeln lassen, bevor sie zu ihren Alltagspflichten in die Schweiz zurück kehren müssen.
Wieder allein auf Samuri verfolgt Christian in Bora Bora täglich den Wetterbericht. Es herrscht Aufbruchstimmung. Wir möchten zur Insel Maupiti segeln. Dazu brauchen wir Wind aus östlicher Richtung und eine ruhige See, denn die Einfahrt in dieses Atoll ist kritisch und nur bei sehr niedrigem Wellengang möglich. Die Windverhältnisse sind gut. Trotzdem holt sich Christian am Morgen kurz vor dem Ablegen bei einem Einheimischen noch telefonisch Informationen über den aktuellen Zustand der Passeinfahrt ein. Upps, es sieht schlecht aus. Sechs Meter hohe Wellen sollen sich überschlagen, an eine Passage sei nicht zu denken!
Was nun? Kurzerhand beschliessen wir, Maupiti wohl oder übel ohne Besuch zu passieren und direkt zur letzten Insel in Französisch Polynesien, nach Mopelia, zu segeln. Der Capitano will sich persönlich ein Bild der Passeinfahrt verschaffen und plant deshalb die Route möglichst nahe an Maupiti vorbei. Er findet seine Bestätigung. Eine Durchfahrt mit Samuri hätte definitiv in einer Havarie geendet.
Am Morgen des folgenden Tages liegen wir in Mopelia sicher vor Anker. Zur Zeit wird dieses Atoll nur von zehn Menschen bewohnt. Wir suchen die Familie Raioho im Norden auf. Wir lernen Mutter Adrienne, Sohn Hio und die Tochter Faimano kennen. Zum herzlichen Empfang schmücken sie uns mit einer wunderschönen, selbst gemachten Muschelkette und zeigen uns ihr Haus und die soeben eingefangene Kokoskrabbe, die sie zum Nachtessen kochen wollen. Es ist selbstverständlich für die Familie, dass sie diese Delikatesse mit den Seglern teilen möchte. So sitzen wir schon am ersten Abend an einem reich gedeckten Tisch im Kreise der warmherzigen Inselbewohner und zwei anderen Seglerehepaaren.
Am nächsten Tag lernen wir die zweite Tochter von Adrienne namens Puaiti kennen. Sie arbeitet und wohnt bei ihrem Vater in Maupiti. Da es zwischen dieser Insel und Mopelia keine offizielle Schiffsverbindung gibt, sind Segler oft die einzige Möglichkeit, Personen, Lebensmittel oder andere Güter von der einen Insel zur anderen zu bringen. Und so hat es auch Puaiti gemacht, um ihre Familie wieder einmal zu sehen.
Heute ist um 17 Uhr Treffpunkt bei Adrienne. Hio nimmt die Männer, mit Taschenlampe und Speer bewaffnet, mit auf Lobsterfang am Aussenriff und wir Frauen gehen im Palmenwald auf Kokoskrabbenjagd. Glücklicherweise zeigt sich uns kein grosses Tier, denn zwei Stunden später präsentieren uns die erfolgreichen Männer 13 Lobster.
Adrienne setzt den grossen Topf mit Wasser auf das Feuer und die letzte Minute der Panzertiere hat geschlagen.
Auf dem Herd brutzeln selbstgemachte Donats und eine Pfanne Reis. Hio mischt schwungvoll eine Senf-Soyasauce mit Zwiebeln und Knoblauch zusammen und strahlt dabei wie immer über das ganze Gesicht. Er scheint überglücklich. Vielleicht hat er auch schon etwas zuviel Marihuana geraucht....
Die Tafel ist aufgetischt. Hio spricht das Tischgebet und dann stürzt sich die ganze Meute aufs Essen. Für die Familie ist es eine grosse Ehre, die Segler bewirten zu dürfen. Gerne teilen sie, was die Natur ihnen schenkt. Unübersehbar strahlt diese Freude aus ihren Augen und ihren Herzen. Im Magen gesättigt und im Inneren berührt über diese gelebte Offenheit legen wir uns schlafen.
Christian und ich wollen uns für diese unbezahlbare Gastfreundschaft erkenntlich zeigen und beschliessen, Hio einen Tag bei seiner Arbeit zu unterstützen. Er nimmt uns am Morgen in seinem Auto mit zum Arbeitsplatz. Man stelle sich ein etwa 20-jähriges Auto vor, halb am Zerfallen, halb verrostet. Ein Kanister dient als Benzintank und steht vorne auf der Motorhaube, die Pneus sind halbe Slicks, die Fenster sind blockiert, falls es überhaupt noch welche gibt, wenn ich meine Füsse vorne auf den Boden stelle, spüre ich den Stossdämpfer, die Polster sind durchgeritten usw. Es ist ein absolutes Unikum. Aber es fährt. Durch Sand, über Schottersteine und durch den Wald bis zu Hio's Haus im Süden der Insel. Mit Gegenverkehr mussten wir nicht rechnen, denn dies ist das einzige Auto auf der Insel...
Hio bearbeitet täglich die Kokosnüsse, die er auf seinem Land einsammelt und verarbeitet sie zu Kopra. Die verschiedenen Schritte der Herstellung hat Christian in der Fotogalerie für dich eins zu eins dokumentiert.
Bei jedem dieser Handgriffe können wir aktiv mithelfen. Zwischendurch gibt es einen Regenguss, welchen Hio dazu benutzt, sich eine Zigarette aus Haschis zu drehen. Scheint die Sonne wieder, geht auch die Arbeit weiter.
Hio hält bei seinem Haus 3 Hunde. Alle sind an Leinen angebunden, die völlig verzwirnt sind und dem Tier fast die Luft nehmen. Hio sagt, die Hunde sind wenigstens am Leben. Liesse er sie frei laufen, würden sie die Hühner des Nachbarn fressen und der Nachbar würde die Hunde sofort töten. Dass die Hunde aber unglücklich sind, ist sichtbar und hörbar.
Christian tüftelt nach einer tiergerechten Lösung und findet eine. Er spannt auf etwa 2 Meter Höhe eine lange Leine von einem Baum zu einem anderen, für jeden Hund eine eigene. Auf diese Leine zieht er eine Rolle, an welcher der Hund an seiner langen Hundeleine angebunden wird. In der ganzen Spannlänge hat der Hund nun Auslauf von etwa 20 Metern.
Und immer wieder heisst es Abschied nehmen. Es fällt uns nicht leicht, uns von so lieben Menschen zu trennen. Die Tochter Faimano nämlich habe ich richtig ins Herz geschlossen. Sie schenkt mir zum Abschied ein Prachtstück von einer Muschelkette. Mit Tränen in den Augen drückt sie "ihre zweite Mama" und wir winken einander, bis wir uns nicht mehr sehen.
Von uns wirst du das nächste mal aus den Cook Islands hören.
Sei bis dann herzlichst gegrüsst
Evelyne & Christian
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